Doch worauf kommt es in der momentanen Situation an? Und was können Führungskräfte überhaupt tun, um das eigene Unternehmen und ihre Belegschaft gesund und sicher durch diese Krise zu bringen?
Die unmittelbare Führungskraft hat einen großen Einfluss auf die Gesundheit ihrer MitarbeiterInnen. Im Rahmen der Fürsorgepflicht gilt, dass Arbeitgeber die Gesamtverantwortung für die Vermeidung von Arbeitsunfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen haben. Das gilt grundsätzlich immer, und ist gerade in diesen Krisenzeiten wichtiger denn je.
Für die tägliche Führungsarbeit in der Coronakrise bedeutet dies zunächst einmal die eigene Vorbildwirkung ernst zu nehmen: Denn wenn zum Schutz der Gesundheit wichtige Hygieneregelungen verlautbart werden und die MitarbeiterInnen diese offiziellen Verhaltensregeln z.B. nach der Rückkehr aus dem Homeoffice einhalten sollen, dann ist es wichtig, dass die unmittelbaren Vorgesetzten stets auch mit gutem Beispiel vorangehen. Das Konzept ist einfach: Worte sind oft Schall und Rauch. Ein Verhalten bedeutender Persönlichkeiten im eigenen Unternehmen, das mit den kommunizierten Botschaften übereinstimmt, fördert die Akzeptanz und die Übernahme neuer Verhaltensweisen. Die Vorbildwirkung als Führungskraft ist nicht nur in der aktuellen Situation besonders wichtig, sondern ein ganz wesentlicher Baustein für ein gelungenes Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM). Das sogenannte „Leadership durch Vorbildwirkung“ beginnt beispielsweise schon beim Tragen der Persönlichen Schutzausrüstung (PSA) und reicht über die Unterstützung und die Teilnahme an gesundheitsförderlichen Maßnahmen, der Achtsamkeit gegenüber dem eigenen Befinden, dem Einhalten von Pausen am Arbeitsplatz, dem Umgang mit Mails nach Feierabend bis hin zum täglichen Kontakt mit dem eigenen Team.
Darüber hinaus sind Führungskräfte aktuell mehr denn je aufgefordert, Gesicht zu zeigen, in Kontakt zu bleiben, sich zu informieren und Informationen zeitnah an die Belegschaft weiterzugeben, auch wenn diese nur eine kurze Zeit gültig sind. Das Informationsbedürfnis der Beschäftigten ist nämlich gerade sehr hoch und so kann Transparenz in diesen von Unsicherheit geprägten Zeiten die benötigte Sicherheit geben.
Orientierung können Führungskräfte darüber hinaus auch vermitteln, indem sie immer wieder auf die Sinnhaftigkeit der aktuellen Maßnahmen, Regeln und Einschränkungen hinweisen. Auf ein „Wie?“ sollte auch ein entsprechendes „Warum ist das jetzt wichtig?“ folgen. So geht es jetzt darum, die Kurve der Neuansteckungen flach zu halten und auch weiterhin besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen zu schützen. Diese beiden einfachen Botschaften sind am wirksamsten und können bei anstehenden Entscheidungen für den Betrieb übernommen werden, damit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch möglichst eigenverantwortlich in der aktuellen Situation handeln können.
Klare Ansagen aber auch ein offenes Ohr für die Belange der eigenen MitarbeiterInnen sind beides gleich wichtig. In Besprechungen sollte auch Raum für Ängste und Sorgen oder andere Themen sein. Menschen reagieren in Krisensituationen nämlich sehr unterschiedlich etwa mit: Unsicherheit, Frustration, Angst, aber auch Entschlossenheit. So sind bei vielen Menschen gerade vor allem existenzielle Ängste an der Tagesordnung. „Kann ich meinen Job behalten?“, „Muss ich künftig in Kurzarbeit gehen?“ oder „Wie geht es nach der Krise weiter?“ wirken einfach belastend.
Deshalb ist es wichtig, dass Führungskräfte auch auf mögliche Überlastungssignale achten, die einzelne MitarbeiterInnen aussenden. Diese können sich durch deutliche Veränderungen im Verhalten, in der Arbeitsleistung aber auch hinsichtlich des äußeren Erscheinungsbildes zeigen. Dann ist es an der Zeit nachzufragen und Unterstützung anzubieten. In vielen Unternehmen gibt es schon hilfreiche Unterstützungsangebote, wie etwa arbeitspsychologische Einzelberatungen, auf die zusätzlich hingewiesen werden kann („Botschaften im Kontext vermitteln“).
Darüber hinaus gilt es auch Rahmenbedingungen für eine gesunde Arbeit im Homeoffice zu schaffen. Neben der Einführung von klaren Regeln für das Homeoffice und das klare Kommunizieren von Ergebnissen, die am Ende stehen sollen, sind außerdem auch Routinen etwa in Form von fixen Terminen wie etwa regelmäßige Telefon- und Videokonferenzen für ein motiviertes und gesundes Weiterarbeiten ganz wesentlich. Neuere Studien der Universität Konstanz zeigen, dass auch die individuelle Beachtung und das Führen von Einzelgesprächen mit jedem Teammitglied dazu beiträgt, im Homeoffice emotionale Erschöpfungszustände zu vermeiden.
Und quo vadis BGM? Für ein gut etabliertes BGM bedeutet die aktuelle Krise nicht gleich das Ende. Denn gerade durch die aktuellen Herausforderungen ergeben sich auch neue Chancen für die innerbetriebliche Positionierung. So brauchen gerade Führungskräfte in stürmischen Zeiten einen klaren Kopf und einen Zugang zu ihren vitalen Ressourcen. Durch die Bereitstellung niedrigschwelliger und wenig zeitintensiver (Online)Angebote sowie durch das Aufgreifen brandaktueller und krisenrelevanter Themen, wie zum Beispiel: Homeoffice produktiv und gesund gestalten, Führung auf Distanz, Selbstmanagement und Gesundheit, Resilienz, Krisenkommunikation, Teamsteuerung und Mitarbeiterbindung in unsicheren Zeiten, Motivation und Gesprächsführung, Konfliktmoderation, etc. kann BGM auch in Krisenzeiten einen echten Mehrwert für Unternehmen schaffen.